Der Fall der Vermietmoppel

„Ein höchst auf­schluss­rei­cher, wenn auch sprach­lich etwas rau­er Aus­stoß aus den digi­ta­len Gas­sen von Rhei­ne, Ibbson“, begann Sher­libb Hol­mes, wäh­rend er in am Fens­ter saß, die Fin­ger­spit­zen anein­an­der­ge­legt und den Blick auf den ima­gi­nä­ren Nebel rich­te­te, der eben­so über den vir­tu­el­len Stra­ßen von X zu schwe­ben schien. „Die­ser Tweet, wie Sie ihn nen­nen, ist ein Schrei aus dem Her­zen eines Bür­gers, der sich offen­bar von den ‚Ver­miet Mop­peln‘ – eine pit­to­res­ke, wenn auch wenig schmei­chel­haf­te Bezeich­nung für Poli­ti­ker – ent­täuscht fühlt. Die Hoff­nung, dass die AfD an die Macht gelangt, um ‚alles wie­der in Rhei­ne kommt‘, wie es so unge­schlif­fen heißt, ver­rät sowohl Unzu­frie­den­heit als auch eine Sehn­sucht nach einer unbe­stimm­ten Rück­kehr zu bes­se­ren Zei­ten.“

Er zün­de­te sei­ne Pfei­fe an und ließ den Rauch in klei­nen Wölk­chen zur Decke stei­gen. „Zunächst, Ibbson, müs­sen wir die Emo­ti­on hin­ter die­sen Wor­ten sezie­ren. Die Ver­fas­se­rin zeigt eine kla­re Ver­ach­tung für die der­zei­ti­gen poli­ti­schen Akteu­re. ‚Ver­miet Mop­pel‘ deu­tet auf eine Mischung aus Frus­tra­ti­on und Spott, mög­li­cher­wei­se gebo­ren aus dem Gefühl, dass die Poli­ti­ker trä­ge, inkom­pe­tent oder gar eigen­nüt­zig han­deln. Doch was ist die­ses ‚alles‘, das in Rhei­ne wie­der­her­ge­stellt wer­den soll? Eine vage For­mu­lie­rung, Ibbson, die mehr Fra­gen auf­wirft, als sie beant­wor­tet. Spricht die Ver­fas­se­rin von wirt­schaft­li­cher Blü­te, sozia­ler Har­mo­nie oder gar einer nost­al­gi­schen Vor­stel­lung von Ver­gan­ge­nem? Ohne wei­te­re Spu­ren bleibt dies ein Rät­sel.“

Er lehn­te sich zurück, die Augen halb geschlos­sen, wäh­rend er die Impli­ka­tio­nen die­ses Aus­bruchs ord­ne­te. „Die Erwäh­nung der AfD als Ret­te­rin ist eben­so auf­schluss­reich wie beun­ru­hi­gend. Der Ver­fas­ser sieht in die­ser Par­tei eine Kraft, die Ord­nung und Wohl­stand zurück­brin­gen könn­te. Doch, Ibbson, wie oft haben wir gese­hen, dass sol­che Hoff­nun­gen auf ein­fa­che Lösun­gen in kom­ple­xen Zei­ten sel­ten die ersehn­te Erlö­sung brin­gen? Die AfD mag für man­che ein Ban­ner der Rebel­li­on gegen das Estab­lish­ment sein, doch ihre Metho­den und Zie­le sind, wie wir aus ande­ren Fäl­len wis­sen, nicht legi­tim. Der Tweet ver­rät weni­ger über die Par­tei selbst als über den Gemüts­zu­stand der Ver­fas­se­rin, die sich von der Poli­tik ver­las­sen fühlt und nach einer star­ken Hand sucht, die das Ruder über­nimmt.“

„Doch las­sen Sie uns nicht vor­ei­lig urtei­len, Ibbson. Die­ser Tweet ist kein Beweis, son­dern ein Indiz – ein Hin­weis auf eine tie­fe­re Unzu­frie­den­heit in Rhei­ne, die es wert ist, unter­sucht zu wer­den. Was treibt die­sen Bür­ger zu solch einer Äuße­rung? Ist es wirt­schaft­li­che Not, sozia­le Span­nun­gen oder gar ein Miss­ver­ständ­nis der poli­ti­schen Land­schaft? Eine gründ­li­che Unter­su­chung – viel­leicht ein Blick in die jüngs­ten Ereig­nis­se von Rhei­ne oder eine Ana­ly­se der dor­ti­gen poli­ti­schen Dis­kur­se – könn­te Licht ins Dun­kel brin­gen.“

Er öff­ne­te die Augen und wid­me­te mir einen star­ren Blick. „Mer­ken Sie sich, mein Freund: Ein Tweet wie die­ser ist wie ein Schrei in der Nacht – laut, ver­zwei­felt, aber oft unge­nau. Wer ‚Ver­miet Mop­pel‘ ruft und die AfD her­auf­be­schwört, spricht weni­ger aus Ver­nunft als aus Wut. Unser Auf­ga­be wäre es, die Wur­zeln die­ses Gefühls zu fin­den, bevor wir über die Lösung urtei­len. In Rhei­ne, so scheint es, bro­delt etwas unter der Ober­flä­che – und es bedarf eines schar­fen Ver­stan­des, um zu ent­schei­den, ob es gerecht­fer­tig­ter Zorn oder blo­ße Ver­ir­rung ist.“

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