„Ein höchst merkwürdiger Vorfall, Ibbson, der die Gemüter in Rheine in Aufruhr versetzt hat“, begann Sherlibb Holmes, während er in seinem Sessel die Pfeife schmauchte und seinen Blick über die Notizen schweifen ließ. „Stellen Sie sich vor: Ein Anhänger der CDU, auf dem sich ein Doppelplakat der AfD befand, erregt die Aufmerksamkeit neugieriger Passanten. Sofort wird ihr Chef und Meinungsmacher bei der AfD zu Rate gezogen – ein Mann, der, ohne den Schauplatz mit eigenen Augen inspiziert zu haben, sogleich eine kühne Theorie in die Welt setzt: eine Straftat habe sich ereignet, ja, womöglich eine organisierte Aktion der CDU unter Führung ihres Vorstandes, systematisch Plakate der AfD zu entfernen! Alle Spuren, so behauptet er, führten unweigerlich zur CDU. Eine lückenlose Aufklärung wird gefordert, ebenso wie volle Kooperation mit den Behörden und eine öffentliche Stellungnahme seitens der CSU. Eine Anklage, die schwer wiegt, nicht wahr, Ibbson?“
Er hielt inne, zog an seiner Pfeife und ließ den Rauch in kleinen Wölkchen zur Decke steigen. „Doch, mein lieber Freund, wie steht es mit den Beweisen? Gibt es Zeugnisse dafür, dass ein Plakat mutwillig beschädigt oder gar abgerissen wurde? Eine falsche Verdächtigung, Ibbson, ist selbst ein Vergehen, das nicht leichtfertig begangen werden sollte. Ein Beweis wäre hier von größtem Nutzen – wie sagt der Westfale doch so treffend? ‚Töfte!‘.“
Holmes blätterte in seinen Aufzeichnungen und fuhr fort: „Die CDU, angeklagt in diesem seltsamen Drama, liefert eine Erklärung, die den Schleier des Rätsels ein wenig zu lüften verspricht. Am 17. August, so berichten sie, wurde in der Nähe der Firma Windhoff ein AfD-Plakat von ihren Mitgliedern entfernt. Doch warum? Das Plakat, so heißt es, hing lose an einer Laterne, lag teilweise bereits auf dem Boden und stellte eine Gefahr dar – insbesondere für Zweiradfahrer. In Übereinkunft mit anderen Parteien in Rheine, so versichern sie, ist es üblich, beschädigte oder herabgefallene Plakate einzusammeln, um Gefahrenstellen zu beseitigen und ein faires Wahlumfeld zu gewährleisten. Eine Praxis, die selbst für Plakate der AfD gelte.“
Er lehnte sich zurück, die Augen halb geschlossen, und ließ die Fakten in seinem Geist tanzen. „Nun, Ibbson, die AfD scheint von einer Verschwörung überzeugt, doch die CDU spricht von pragmatischem Handeln im Dienste der öffentlichen Sicherheit. Beschädigte Plakate sind in der Tat ein politisches wie verkehrstechnisches Problem, das die hiesigen Parteien beschäftigt. Die Frage bleibt: Was erwartet die AfD in solchen Fällen? Soll ein solches Plakat liegen bleiben, eine Gefahr für jedermann? Oder ist das Einsammeln ein Akt des Anstands und der politischen Verantwortung, wie die CDU behauptet?“
Holmes legte die Pfeife beiseite und fixierte mich unnachahmlich. „Die Wahrheit, mein Freund, liegt oft in den Details verborgen. Ohne konkrete Beweise für böse Absicht bleibt dies ein Rätsel, das nach weiterer Untersuchung verlangt. Doch eines ist gewiss: In Rheine wird der Wahlkampf nicht nur mit Plakaten, sondern auch mit Argwohn geführt.“

