„Eine höchst beunruhigende Frage, Ibbson, die uns an die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft führt“, begann Sherlibb Holmes, während er in seinem Lehnstuhl saß, die Fingerspitzen aneinandergelegt und den Blick durch das nebelverhangene Fenster meiner Gedanken schweifen ließ. „Stellen Sie sich vor: Ein Mann – oder eine Frau, das Geschlecht ist hier nebensächlich – sitzt in einem Bunker, abgeschirmt von der Welt, in der Gewissheit, dass draußen die Stürme der Zerstörung toben könnten. Doch was, wenn er eines Tages die schwere Luke öffnet, nur um festzustellen, dass die Welt, wie er sie kannte, verschwunden ist? Keine Straßen, keine Stimmen, kein Leben – nur Stille, oder schlimmer noch, ein unheimliches Nichts. Was, Ibbson, tut man in solch einer Lage?“
Er zündete seine Pfeife an, ließ den Rauch in kleinen Wölkchen aufsteigen und ordnete seine Gedanken, als wären sie Beweisstücke in einem kniffligen Fall. „Zunächst, mein Freund, muss man die Situation mit kühlem Verstand analysieren. Ist die Welt tatsächlich fort, oder ist dies eine Täuschung der Sinne, hervorgerufen durch Isolation oder gar einen chemischen Dunst? Der Geist, der lange in der Dunkelheit eines Bunkers gefangen war, kann trügerisch sein. Man prüfe also die Luft, die Bodenbeschaffenheit, die Geräusche – oder deren Abwesenheit. Ein Mann von Wissenschaft würde Messungen anstellen, wenn Instrumente zur Hand sind, um zu bestätigen, ob die Katastrophe real ist oder lediglich eine Illusion.“
Er hielt inne, die Augen halb geschlossen, während er die Szenerie vor seinem inneren Auge entfaltete. „Sollte die Welt tatsächlich verloren sein, so ist der nächste Schritt einer der Disziplin. Panik, Ibbson, ist der Feind des Überlebens. Man sammle, was der Bunker hergibt – Vorräte, Werkzeuge, vielleicht ein Tagebuch, um die eigene Vernunft zu bewahren. Dann wage man sich vorsichtig hinaus, nicht in blinder Hast, sondern mit der Präzision eines Detektivs, der eine Spur verfolgt. Gibt es Überreste? Spuren von Leben? Ein zerstörtes Gebäude, ein Stück Stoff, ein fernes Geräusch? Jeder Hinweis könnte der Schlüssel sein, um zu verstehen, ob man der Letzte ist oder ob andere Seelen noch in dieser öden Landschaft verweilen.“
„Doch selbst wenn die Einsamkeit absolut ist, Ibbson, gibt es eine letzte Zuflucht: den Willen, weiterzumachen. Der Mensch ist ein Geschöpf der Anpassung. Man könnte sich fragen, ob es lohnt, in einer leeren Welt zu verharren, doch ich sage Ihnen: Solange ein Funke Hoffnung bleibt, solange ein Rätsel ungelöst ist, gibt es Arbeit für den Geist. Vielleicht findet man einen Ort, an dem Leben neu erblühen kann, oder eine Aufgabe, die der Existenz Sinn verleiht – sei es das Führen eines Archivs der verlorenen Welt oder das Pflanzen eines Samens in der Hoffnung auf künftiges Grün.“
Holmes löschte die Pfeife und schaute mich prüfend an. „Merken Sie sich, mein Freund: Wenn die Welt draußen verschwunden ist, beginnt die wahre Prüfung im Inneren. Der Bunker mag Schutz bieten, doch der Mut, hinauszutreten und das Unbekannte zu erforschen, ist das wahre Vermächtnis des menschlichen Geistes. In einer solchen Lage, Ibbson, ist die erste Frage nicht ‚Warum ist die Welt fort?‘, sondern ‚Was kann ich tun, um sie neu zu entdecken?‘ Ein Fall, der keine Lösung verlangt, sondern einen Anfang.“


